Rollen können Klarheit schaffen
Ein zentraler Aspekt in der Führung ist die Frage: Wie will ich führen? Wer will ich als Führungskraft sein? Wie setze ich mich durch und verletzte dabei möglichst wenig Menschen? Wie bin ich authentisch und zugleich wirksam? Wo will ich mich abgrenzen und wie kann ich für Berechenbarkeit und gleichzeitig für eine gute Selbststeuerung sorgen?
Sich mit seinen verschiedenen Rollen und den damit zusammenhängenden Rollenerwartungen auseinanderzusetzen, bei Bedarf eine Rollendistanz aufzubauen und die unterschiedlichen Anforderungen an die Rolle in all ihren Spannungsfeldern zu steuern, kann hier ein sinnvoller Schritt in der Führungsreflexion sein und soll in diesem Artikel Raum bekommen.
Rolle als ein Bündel von Erwartungen an das eigene Verhalten
Bewegen sich Menschen in sozialen Systemen – auch Organisationen sind solche, haben wir es mit unterschiedlichen Rollen zu tun, denen Menschen ihre Fähigkeiten und Kompetenzen zur Verfügung stellen und als Rollenvertreter agieren. Je nach Kontext haben Führungskräfte verschiedene Rollen inne, an die jeweils ein Bündel an Erwartungen geknüpft ist. Abhängig davon in und mit welcher Rolle interagiert wird, sind die damit verbundenen Erwartungshaltungen unterschiedlich.
Rolle als Reflexionsraum für innere Konflikte und aktives Erwartungsmanagement
Die Theorie der Sozialen Rollen entstammt der Soziologie und Sozialpsychologie. Sie beschreibt neben den Rollenerwartungen auch, welcher Handlungsspielraum dem Einzelnen offensteht. Zu inneren Konflikten kann es dabei auf mehrere Arten kommen.
In Leadership- und/oder Onboarding-Coachings ist das Thema des Rollenmanagements ein sehr beliebtes, weil wirksames Konzept. Die Problemstellungen mit der viele Führungskräfte ins Coaching kommen, haben oft etwas mit inneren Konflikten, Zerrissenheitsgefühlen und Überforderung zu tun. Es ist immer lohnenswert zunächst einen Blick auf ihr Rollenmanagement zu richten. Sind sie sich ihrer verschiedenen Rollen und den damit einhergehenden Erwartungen von außen und von sich selbst bewusst?
Rollenkonflikte sind handhabbar, wenn sie bewusst sind und aktiv gesteuert werden
Es gibt verschiedene Arten von Rollenkonflikten, die immer dann auftreten, wenn die Erwartungen nicht klar oder in einer Rolle nicht vereinbar sind. Eine Führungskraft hat zum Beispiel ihre eigene Vorstellung davon, wie sie die Rolle ausfüllen sollte, während andere Personen (Kolleg:innen, Vorgesetzte, Mitarbeitende) ebenfalls bestimmte Erwartungen an die Ausführung dieser Rolle haben – ein Intrarollenkonflikt.
Beim Interrollenkonflikt geht es darum, dass eine Führungskraft mehrere Rollen gleichzeitig inne hat, von außen aber nicht ersichtlich ist, unter welchem Rollenhut sie gerade kommuniziert. (z.B. Manager:in, Kolleg:in, Freund:in, Elternteil). Manchmal prallen auch formelle Erwartungen auf informelle. So können offiziell dokumentierte Aufgaben und Verantwortlichkeiten zwar klar sein, informelle Erwartungen durch ungeschriebene Regeln und soziale Normen innerhalb der Organisation aber anderes Verhalten oder andere Entscheidungen erhoffen lassen.
Unklare Rollen führen zu Stress und Überlastung
Übermäßige Anforderungen und Erwartungen an eine Person in einer oder mehreren Rollen, können zu Überforderung und chronischem Stress führen. Auch unklare oder schlecht definierte Erwartungen an eine Rolle, können die Rollenunsicherheit forcieren und zu ineffektivem Handeln und Leistungsabfall führen. Sind die Erwartungen zu widersprüchlich, kann Entscheidungsunfähigkeit die Folge sein. Berufliche wie private Unzufriedenheit kann sich breit machen und seine Kreise ziehen.
Zur eigenen Positionierung als Führungskraft ist es daher unerlässlich sich mit seiner Rollendiffusion auseinanderzusetzen und für sich einen Weg zu finden, die unterschiedlichen Erwartungshaltungen an die verschiedenen Rollen, die eine Führungskraft innehat, bestmöglich zu managen. Dies setzt eine Beschäftigung der Führungskraft mit ihren verschiedenen Rollen und damit im Zusammenhang stehenden möglichen Rollenkonflikten voraus, um eine bewusste Rollendistanz zu entwickeln.
3 Strategien zur Handhabung von Rollenkonflikten
1. Klärung der Erwartungen:
Als Basis gilt eine offene und ehrliche Kommunikation mit Vorgesetzten und Kolleg:innen über die eigenen Rollen und die damit verbundenen Erwartungen. Hier hat es sich bewährt über innere Bilder zu gehen und nicht auf Ebene von Schlagworten oder Floskeln zu bleiben. Je besser man sich versteht, desto eher werden Missverständnisse vermieden. Durch regelmäßiges Feedback kann ein klares Bild der eigenen Wirkung entstehen und ermöglicht Feinjustierung. Widersprüchliche Erwartungen gilt es aufzuspüren und in die Kommunikation zu bringen und so dem Gegenüber zumindest eine Nachvollziehbarkeit ihrer Entscheidung zu ermöglichen.
2. Setzen von Prioritäten:
Priorisierung von Aufgaben kann ebenfalls zur Vermeidung von Überlastung beitragen. Eine gute Frage, wenn man in der Zwickmühle von verschiedenen Erwartungsbündeln steckt: Welche Rolle ist für mich als Führungskraft die leitende? Aufgaben zu delegieren, wenn möglich, um die eigene Belastung zu reduzieren, kann ebenfalls das Stresslevel verringern. Hier könnte man sich fragen: Was brauche ich, um Aufgaben delegieren zu können und in die Erledigung zu vertrauen?
3. Selbstmanagement und Coaching
Regelmäßige Reflexion über die eigenen Rollen und Erwartungen ist gut investierte Zeit und dient der Erhöhung der Selbststeuerung. Ein ausreichendes Maß an Selbstfürsorge kann unterstützen, mit sich und den eigenen Bedürfnissen in Kontakt zu bleiben – auch in fordernden Situationen. Fragen: Was können tägliche Routinen sein, die meinem Wohlbefinden dienlich sind? Wer kann mich bei meiner Reflexion unterstützen? Möchte ich einen festen Haltepunkt im Monat einbauen, den ich nutze, um mich in meiner Rolle und meiner Wirkung zu klären? Coaching und Sparring sind hier mögliche unterstützende Formate.
Rollenhüte als Konstrukt und bewusstes Kommunikationsvehikel im Rollenmanagement
Rollenhüte sind zum einen ein Zugang zur inneren Führung und Selbststeuerung. Zum anderen geben sie dem Gegenüber Klarheit über mögliche Erwartungen, die man an diesen Rollenhut knüpfen kann. Nimmt man einen Rollenhut situativ ein, kommuniziert man das am besten beiläufig in einem Beisatz, damit der Gesprächspartner weiß, aus welcher Rolle heraus man agiert, entscheidet und kommuniziert. Das ist klärend für beide Parteien.
Der bewusste Umgang mit Rollen kann einen echten Hebel darstellen, um in der Führung Klarheit, Wirksamkeit und nicht zuletzt Entlastung bei der Entscheidung und Kommunikation schwieriger Situationen in Spannungsfeldern zu erzielen.
Wenn Sie an diesem Thema arbeiten und sich reflektieren möchten, begleiten wir Sie gerne im Einzelcoaching.
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Photocredit: pixabay
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