Transformation, X-Momente und das körperliche Spüren

Von Transformation hört man im Moment an jeder Ecke. Doch was ist eigentlich tiefe Transformation und wodurch zeichnet sie sich aus? Die wichtigsten unserer Prinzipien im Umgang mit Transformation, um in der Führung in solchen Phasen nicht die Nerven zu verlieren, möchten wir hier teilen. Entstanden sind diese aus vielen Jahren Transformationsbegleitung und unserer Erfahrung als Systemiker in Organisationen – anwendbar überall dort, wo tiefer Wandel passiert – persönlich wie organisational.

#1: Transformation wohnt dem Leben inne und ist ein natürliches Prinzip

Erstmal ein Satz, der innerlich entspannen lässt. Transformation als natürliches Prinzip passiert sowieso, ob wir wollen oder nicht. Umso weniger Kampf dagegen, umso größer das Fließen. Transformationsprozesse sind auch eine Chance, mit den eigenen Widerständen gegen Veränderung in Kontakt zu kommen und sie den Scheinwerfer darauf zu richten. Gerade Spannungsfelder und Knotenpunkte im Außen sind meist Signale, dass an diesen Stellen etwas in die Bewegung kommen möchte – diese Haltung mag erstmal ungewohnt erscheinen. Mit systemischer Brille freuen Sie sich über diese Knotenpunkte, weil sich hier Wandel und Neues zeigen mag. Und damit sind wir auch schon beim nächsten Prinzip: Der Weg durch die Transformation geht durch die Angst.

#2: Wo Bewusstsein ist, schrumpft Angst

Angst hat in Systemen immer die Funktion, das Neue aufzuhalten, um die bestehende Identität zu bewahren. Das hat einen guten Grund, denn ein System, dass sich wirklich um seine Angst kümmert, ist in dem Moment so instabil, dass es zu zerbrechen droht. In diesen Momenten (die wir die X-Momente nennen), passiert die Sternstunde oder eben das große Scheitern von Entwicklung. Die Frage ist, ob man in diesen Momente den Raum halten kann, damit der Sprung ins Neue passieren kann.

#3: Den X-Moment spüren und aushalten

Wendepunkte, Überraschungen, Durchbrüche, neue Weichenstellungen – wer wirklich verändern will, kommt nicht umhin, sich auf diesen Weg zum X zu begeben. Das X ist weder plan- noch steuerbar, auch nicht erzwingbar. Jeder Transformationsprozess hat seinen eigenen Charakter und sein besonderes Momentum.

Es gibt in jeder tieferen Transformation eine Phase, in der das „Alte nicht mehr greift“ und das „Neue“ noch nicht sichtbar ist. Wenn man diese Logik kennt, fällt es oft leichter mit der Phase des Nebels umzugehen und anstatt alte Schleifen zu generieren sich auf die Transformation einzulassen. Diese Phase macht unsicher und verletzlich und ist dennoch unverzichtbar, weil sie zum wirklichen Loslassen führt. Körperlich spürbar sind diese Momente durch Herzklopfen, Aufgeregtheit, Gänsehaut.

In Teams wird es oft erst still und daraufhin kommt eine aufgeregte Stimmung und lebendiger Dialog – das Neue hat den Raum betreten. In der Führungsrolle ist Aushalten und Raumhalten hier die (einzige und doch sehr anspruchsvolle) Aufgabe.

# 4: Den Körper und seine Wahrnehmung nutzen

Um sich in der Transformation zu orientieren, hilft die Körperwahrnehmung weiter. Typische Sätze von Führungsteams, die sich mit Ihrer Organisation im „Dazwischen“ einer Veränderung befinden, die wir oft hören:

  • „Keiner weiß mehr, was richtig ist.“
  • „Wir fühlen uns im Nebel.“
  • „Es bröckelt an allen Ecken und Enden.“
  • „Ich habe das Gefühl, wir rutschen ab.“

All diese Wahrnehmungen stimmen auch, nur dass der gefühlte Zusammenbruch die Übergangsphase des Alten in einen neuen Zustand anzeigt. Es ist der Abschied vom Alten, der körperlich spürbar wird. Weiß man darum, kann man diese Phänomene auch leichter willkommen heißen und dann, wenn die Zeit reif ist, das Neue mit den Teams gestalten.
Wir sind neugierig, welche X-Momente kennen Sie aus Ihrem Alltag? Und wie haben diese sich angefühlt?

Wer sich in diesem Thema als Führungskraft oder HR/OE-Experte vertiefen möchte, kann dies mit der ersten Stufe unseres systemischen Curriculums „Systemische Kompetenz in Führung und Coaching“, die jährlich startet.

 

 

Photo credit: Hakon Grimstad, unsplash