Viele Organisationen nutzen in ihrer Kommunikations- und Entscheidungsstruktur das Konstrukt des Führungsteams. Ein Ort an dem Dinge passieren, abgearbeitet, diskutiert, vermittelt und nachgehalten werden. Ein Raum der Hauptverantwortlichen.
Je stärker wir in den kleineren Mittelstand schauen, desto operativer wird dieser Raum genutzt. In vielen Fällen sind die Teilnehmer dieser Führungsteamrunden nicht zufrieden mit dem was innerhalb des Treffens passiert, weil wenig Raum zum übergreifenden Denken und Führen genommen wird. Viel operative Berichterstattung, Statusberichte und Offene-Punkte-Listen werden dokumentiert und dabei der Fokus nach ganz eigenen Interessen gerichtet. Fokussierung und Disziplin im Einhalten von Tagesordnungspunkten – Fehlanzeige. Oft sind es auch gewachsene Strukturen im Sinne von „Das haben wir hier schon immer so gemacht!“ und eine konkrete Idee, wie die wertvolle gemeinsame Zeit stattdessen sinnvoll gefüllt werden könnte, fehlt.
Die Idee vom Führungsteam als gemeinsamer Rahmensetzer und Zukunftsgestalter meint die Arbeit „am System“ und nicht „im System“. Dabei hilft es, die operativen Managementaufgaben dort zu belassen, wo sie vernünftig ausgeführt werden können – bei den Managern oder Mitarbeitern aus dem operativen Bereich. Selbstverständlich braucht die Führungsriege einen Überblick, wo etwas aus dem Ruder läuft, dafür könnte man auch andere Kommunikationsformate und -plattformen finden. Meist gibt es hierzu Alternativen in den Unternehmen.
Wie ein Führungsteam als solches in seine Kraft kommt und wieviel systemische Haltung und Werkzeuge dafür hilfreich sind, wollen wir im Folgenden unsere Aufmerksamkeit schenken.
Systemische Grundüberlegungen
Fokus auf Muster: Ein Führungsteam führt dann systemisch und wird zum lebendigen Raum, wenn sich ihre Mitglieder ihre Muster bewusst machen, mit der sie komplexen Aufgaben begegnen.
Fokus auf Wechselwirkungen: Führungsteammitglieder beeinflussen das Gesamtsystem damit, wie sie entscheiden, sich verhalten und ihre Beziehungen gestalten. Hier passt die Metapher eines Mobiles besonders gut: Immer wenn an einer Ecke gezogen wird, entsteht Bewegung in der ganzen Organisation.
Fokus auf (Selbst-)Reflexion: Systemisch führen beinhaltet, dieses Bewusstsein zu schulen, indem man über Reflexion, Entdecken und Erspüren sich selbst und die Organisation im Ganzen besser erkennen und verstehen lernt. Selbstführung ist dabei das A und O, denn über Selbstreflexion ist es möglich, sich als Führungskraft zu verdeutlichen, dass die eigene persönliche Situation und der Umgang mit sich selbst eine Strahlkraft in die Organisation hat.
Den Wald UND die Bäume betrachten: Eine ausgewogene Balance aus gemeinsamen und individuellen Interessen im Führungsteam funktioniert über eine reflektierende Haltung, mit der man aus der Metaperspektive das Team und die Organisation im Ganzen betrachtet, sowie sich selbst mit der eigenen Person, Rolle und Zuständigkeit erkennt.
Wie kann es also gelingen, sich zu einem wirksamen Führungsteam zu wandeln? Es gibt ein paar Themenfelder, die bei der Formierung von Führungsteams in den Fokus gehören:
- Psychologische Sicherheit: Fühlen sich die Führungsteam-Mitglieder miteinander emotional verbunden? Gibt es genügend Nähe, Zeit und Beziehung im Führungsteam?
- Klarheit in der Abgrenzung: Lebt das Führungsteam respektvolle Abgrenzung und widersprüchliche Individualität untereinander? Wird bewusst gestritten und werden Konflikte als Ressource genutzt?
- Ausrichtung über Sinn: Schaffen sie gemeinsam Sinnstiftendes? Arbeiten sie an Themen, die zur Orientierung und Zukunftssicherung beitragen?
- Systemische Führung: Ist das Führungsteam befähigt in Reflexions- und Resonanzkompetenz, systemischem Interviewen, Hypothesenbildung, Systemaufstellungsformaten und der Praxis der verbundenen Stille? Gibt es die Möglichkeit dies im sicheren Raum auszuprobieren und zu professionalisieren?
Der Benefit für das Unternehmen
Gemeinsame innere Bilder führen zu klaren Botschaften: Durchlaufen Führungsteams diesen Teaming-Prozess bewusst, kommen sie in die Lage ihre inneren Bilder angstfrei zu teilen, gemeinsame Bilder entstehen zu lassen und belastbare Beziehungen aufzubauen – auch weil Emotionales stattfinden darf. Die Kommunikation von gemeinsamer Ausrichtung gewinnt an Qualität, weniger Worthülsen, mehr vorstellbare Zielzustände.
Feedbackkultur ermöglicht Beweglichkeit in der Organisation: Offenes Feedback findet in der Runde und transparent statt und gilt als Vorbild in der Unternehmenskultur. Vor Konflikten schreckt keiner mehr zurück, weil klar ist, dass man sie als Team nutzen kann, um passende Bewegung ins System zu bekommen. Konflikte machen keinen Spaß, sind bei Unvereinbarkeiten unvermeidlich, gehören zur Dynamik von Organisationen und dienen der Beziehungsklärung.
Musterreflexion unterstützt eine lernende Organisation: Wachstum entsteht dabei vor allem über individuelle und gemeinsame Reflexionsschleifen. Eigene und geteilte Muster zu erkennen und Wege zu haben diese zu verändern, steigert die Qualität der Zusammenarbeit im Führungsteam.
Das Führungsteam wird zum Ort konstruktiver Gedanken und guter strategischer Entscheidungen. So entsteht Sinn – im Miteinander und auch im Füreinander. Das Führungsteam wird zum sicheren Ort, an dem alles sein darf, jeder Schutz und Raum findet, Beziehungen tragfähig sind und die Organisation zukunftsfähig gestaltet wird. In Harmonie und Disharmonie.
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Photocredit: Byron Sullivan, pexels
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