Die Idee der systemischen Organisationsentwicklung beruht auf dem Kerngedanken, dass Organisationen komplexe soziale Systeme sind, die von vielfältigen Wechselwirkungen und Beziehungen geprägt sind. Sie erzeugen selbst Paradoxien, die sie dann handhaben indem sie Entscheidungen treffen. So weit. So gut.

Will man das Systemische Prinzip – und darüber haben wir schon viel geschrieben (z.B.: Alles schwingt, Neue Paradigmen ) als Leitidee der Organisationsentwicklung einführen, ist es wichtig sich darüber im Klaren zu sein, dass dies eine grundlegende Änderung im Führungsverhalten vieler Führungskräfte in Organisationen erforderlich macht. Das ist nicht so einfach, wenn man sich ansieht, in welchen Feldern eine Veränderung im Führungsverhalten notwendig wird.

Daher sind es in der Realität oftmals Satelliten – ähnlich der Idee der agilen Arbeitsweisen, die in einzelnen Bereichen oder Teilen von Verfechtern oder Vorreitern praktiziert werden – die versuchen die Wirkzusammenhänge in Unternehmen tiefer zu verstehen, andere Fragen aufzuwerfen und auf dieser Basis zu Entscheidungen zu gelangen.

Änderungen im Führungsverhalten

Im Folgenden zeigen wir auf, welche Änderungen im Führungsverhalten notwendig sind, um den Kerngedanken der systemischen OE zu einem lebendigen Konzept werden zu lassen. Uns ist durchaus bewusst, dass dies alles Punkte sind, die in vielen Köpfen der Führungskräfte bejaht werden, wir erleben es in unserer Beratungspraxis oft, dass sich diese Situationen kritisch erweisen, wenn Krisen und Konflikte im Feld stehen. Ein alltäglicher Zustand in Organisationen, da die meisten Konflikte aus Paradoxien gemacht sind, dem Motor von Organisationen.

Natürlich existieren in der Führungspraxis mehr Mischformen als Reinformen der systemischen Arbeit. Folgende sechs Strömungen in der Führung können wir in unseren Beratungsprojekten erkennen:

1. Von hierarchischer zu vernetzter Führung

In traditionellen Strukturen ist die Führung oft auf eine Einzelperson oder eine kleine Gruppe konzentriert und eher hierarchisch geformt. In einer systemischen Organisationsentwicklung wird die Führung eher als vernetztes Phänomen betrachtet, bei dem verschiedene Akteure in der Organisation Verantwortung für verschiedene Aspekte übernehmen. Dies erfordert eine Abkehr von autoritären Führungsstilen hin zu kooperativeren und partizipativeren Ansätzen.

2. Von Silodenke zu gesamtunternehmerischer Verantwortung

Statt isolierte Silos zu schaffen, fördern Führungskräfte zunehmend den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen und Teams. Dies fördert ein ganzheitliches Verständnis der Organisation und ermöglicht auch die Übernahme von gesamtunternehmerischer Verantwortung, die sich dann in veränderten Entscheidungen zeigt.

3. Von Anweisung und Kontrolle zur Rahmensetzung

Systemische Organisationsentwicklung fördert das eigenverantwortliche Handeln der Mitarbeitenden. Dafür brauchen sie neben Ermutigung und Zutrauen auch einen entsprechenden Rahmen, um sicher Entscheidungen treffen zu können. Entscheidungen werden dort getroffen, wo die größte Fachkompetenz vorliegt. Dem zu vertrauen und loszulassen ist eines der größten Lernfelder der traditionellen Führung. Der Ansatz der Selbstorganisation lebt diese Haltung.

4. Vom Problemlöser zum Beziehungsgestalter

Statt sich ausschließlich auf die Lösung von Problemen zu konzentrieren, gestalten Führungskräfte in der systemischen Organisationsentwicklung verstärkt positive Beziehungen innerhalb der Organisation. Sie lösen zwischenmenschliche Konflikte, fördern eine offene Kommunikation und schaffen ein unterstützendes Arbeitsumfeld.

5. Von kurzfristig zu langfristig

Systemische Organisationsentwicklung berücksichtigt die langfristige Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit der Organisation. Sich von rein kurzfristigen Gewinnzielen zu lösen und eine langfristige Perspektive zu entwickeln, die die Bedürfnisse der Organisation über einen längeren Zeitraum berücksichtigt, ist das notwendige Umdenken in Richtung systemische Führung.

6. Von starren Plänen zu adaptivem Management

Die systemische Organisationsentwicklung erfordert ein Umdenken in Bezug auf die Planung und Umsetzung im Zeitalter der großen Transformation. Führungskräfte müssen bereit sein, sich an veränderte Umstände anzupassen und flexiblere Ansätze zu verfolgen. Beweglichkeit und Stabilität gut in Balance zu halten, ist ein zentrales Wirkungsfeld in der systemischen Führung.

Wenn wir alle diese Wandlungen betrachten, sind wir in einem Paradigmenwechsel der Führung und der Organisationsgestaltung. Das Neue auszuprobieren, einzuüben, regelmäßig zu reflektieren und sich zuzugestehen, dass nicht alles sofort klappen wird, ist ein guter Weg in das neue Paradigma hineinzuwachsen und den Übergang zur systemischen Organisationsentwicklung erfolgreich zu gestalten.

Ein Weg für den es Mut und Demut zu gleichen Teilen braucht.

 

Wer sich weiter zu diesem Thema belesen möchte, findet hier eine ausführliche Leseprobe zu unserem Buch „Transformation von Führung – Reflexion und Resonanz als Zukunftskompetenzen“.
Unsere Coachingausbildung „Systemische Kompetenz für Führung und Coaching“ bildet Sie in systemischer Führung aus und ermächtigt Sie, diese in Ihrem Unternehmen zu etablieren.

 

Photo credit: Aaron Burden